Wilhelmshavener Zeitung

31.01.2008

 

Berückendes Thema:

„Wie schön leuchtet der Morgenstern“

ALTE MUSIK | Ensemble Chelycus begeisterte in Sengwarden mit Schwung und Barock’n’Roll

SENGWARDEN/RM – Voller Schwung, Virtuosität und musikalische Raffinesse gestaltete das Ensemble Chelycus den zweiten Abend der Konzertreihe Alte Musik Sengwarden in diesem Jahr. Das Quartett mit Veronika Skuplik (Violine), Adrian Rovatkay (Barockfagott, Dulcian), Andreas Arend (Laute) und Michael Fuerst (Orgel und Cembalo) präsentierte ein erlesenes Programm mit Werken vornehmlich aus dem 17. Jahrhundert, durch das sich der Choral „Wie schön leuchtet der Morgenstern“ wie ein roter Faden zog. Dreimal tauchte die berückende Melodie auf: Zunächst in der schlichten Form eines Choralkonzertes von Michael Praetorius, dann in einer Choralfantasie Dietrich Buxtehudes, in der Michael Fuerst mit tatkräftig Tasten drückender Unterstützung des Kollegen Arend ein fulminantes Cembalo-Orgel-Duo hinlegte – und schließlich in Gestalt einer berückenden Passacaglia über den Choral von Nicolaus Adam Strungk. In letzterer überzeugten alle Beteiligten mit „Herzschmerztönen“ in Form vollendet ausgekosteter Dissonanztöne. In das Choralgerüst wurden klingende Kostbarkeiten eingestreut: Zum Beispiel ein exquisit vorgetragenes Lautensolo von Giacomo Kapsberger sowie hochkarätige Violinenliteratur, zum Beispiel die Pastorella und die Sonate über die Verkündigung Mariens aus den berühmten Rosenkranzsonaten von Heinrich Ignatz Franz Biber. Besonders in letzterer erzeugte Veronika Skuplik beim atemlos lauschenden Publikum eine Gänsehaut: Herrlich ihr singender, flexibler Ton und bewunderswert ihre irrwitzige Virtuosität, die keine Tempobeschränkung duldete. Kongenial wurde die attraktive Primaria von Organist Fuerst und Lautenist Arend unterstützt, die sich, je weiter der Abend voranschritt, in einen regelrechten Basso-Continuo-Rausch spielten. Beglückend war für die gebannte Zuhörerschaft zu erleben, wie emsig die Musiker während ihres Tuns miteinander kommunizierten, häufig lächelten, zuweilen (mit-)litten. Herausragend die Manier, in der Adrian Rovatkay den Dulcian, den selten zu hörenden Vorläufer des Barockfagotts, rasant traktierte. Kurzum, es war „Barock’n’Roll“ der besten Sorte und eine Sternstunde beseelter Kammermusik. So dankte lang anhaltender Beifall der erfreulich großen Besucherschar dem furiosen Quartett mit Tiefgang für einen besonderen Abend. Ein Trost für alle, die nicht dabei sein konnten: Das Programm wird in Sengwarden auf CD gebannt. Sie ist voraussichtlich Ende des Jahres in der edition chrismon erhältlich.

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